Region 12
Lech, Bodensee, Allgäu

Die Gegend rund um Füssen
Eine Radtour im schönsten Alpenpanorama
Daniela Parr


Anfang Juni, als endlich die ersten Sonnenstrahlen zu sehen sind, mache ich mich mit meinem Fahrrad im Gepäck auf den Weg nach Füssen. Schon vom Zug aus erspähe ich die ersten Seen und auch das Alpenpanorama im Hintergrund tut sein Möglichstes, um einen guten Eindruck zu machen. Ich fühle mich auf der Stelle pudelwohl hier.

Am Bahnhof werde ich von Elisabeth Wintergerst abgeholt. Sie möchte mir ihre Heimat zeigen, über die sie schon mehrere Bücher geschrieben hat. Nach mehreren Telefonaten lernen wir uns nun endlich persönlich kennen und finden uns zum Glück auf der Stelle sympathisch.

In den nächsten Tagen bin ich tagsüber alleine unterwegs und schaue mich touristisch in Füssen und der Umgebung um. Abends werde ich von Elisabeth zu den mythologisch interessanten Orten geführt.

Eine Beschreibung der "touristischen" Ziele, sowie die Führung von Elisabeth durch die Pöllatschlucht befinden sich auf dieser Seite. Die beiden Radtouren, die ich mit Elisabeth gemacht habe, sind auf einer extra Seite beschrieben.


Die Stadt Füssen

Ganz in der Nähe des Bahnhofs befindet sich der Ziegelberg. Die Bäume sind alleenartig angelegt und laden zum Flanieren ein. Am Rand stehen mehrere Bänke. Ein lauschiges Plätzchen um die Seele baumeln zu lassen.

In der Stadt selbst fällt mir direkt die Fußgängerzone mit ihren alten Häusern ins Auge. Es macht Spaß, hier ein wenig auf und ab zu flanieren und die Auslagen der Geschäfte anzuschauen. An einem Straßenschild stelle ich fest, dass die Shopping-Meile lustigerweise den Namen Reichenstraße trägt.

Gleich um die Ecke herum schlendere ich über einen größeren Platz an der Ecke Schrannengasse und Brunnengasse. Hier findet einmal in der Woche der Markt statt und im Dezember auch der Weihnachtsmarkt.

Für alle die nicht an einem Markttag hier einkaufen, gibt es in der Brunenngasse die Markthalle, in der einige permanente Stände wettergeschützt untergebracht sind. Dort gibt es so gut wie alles, was das Herz begehrt, unter anderem einen Bio-Brotstand und einen Fischstand an dem ich es mir schmecken lasse. In der Mitte der Halle stehen Tische, an denen die leckeren Einkäufe auch gleich vor Ort verzehrt werden können. Ein guter Platz, falls das Wetter mal nicht optimal sein sollte.

Um die nächste Ecke herum befindet sich am Magnusplatz außerdem das Café Baumgarten, in das mich Elisabeth während meines Besuches des öfteren eingeladen hat. Das Café wird von ihrer Tochter betrieben und bietet mehrere vegetarische Bio-Gerichte für jeden Geschmack.

Direkt dahinter geht es zum Hohen Schloss mit dem angrenzenden Park dahinter. Von der Grünanlage aus hat frau einen guten Überblick über den Lech. Der ideale Platz für einen kleinen Mittagsspaziergang. Für eine größere Wanderung empfiehlt sich das Faulenbachgässchen, das direkt unter dem Park beginnt und weiter hinten in die Alatstraße übergeht. Von hier aus können mehrere Seen erwandert werden (s. nächster Absatz).


Seen rund um Füssen

In der Umgebung von Füssen befinden sich mehrere Seen, die alle zum Baden geeignet sind.

Als erstes fällt mir der Forggensee ins Auge, da er ganz in der Nähe der Stadt liegt. Er beginnt direkt hinter dem Wehr und erstreckt sich von dort aus ca. fünf Kilometer nach Nordosten.

Der Hopfensee befindet sich etwas weiter nordwestlich, fast auf gleich Höhe wie der Forggensee. Er ist etwas kleiner und hat eine ausgewiesene Badestelle ganz in der Nähe des Vier-Sterne-Campingplatzes.

Es lohnt sich auch, eine Radtour oder einen Spaziergang entlang des Faulenbacher Tals zu mache. Hier folgen kurz hintereinander der Mittersee und der Obersee. Noch zwei Kilometer weiter westlich kommt frau dann an den Alatsee, der für seine Purpur-Schwefelbakterien bekannt ist. Als ich dort bin, dreht ZDF Neo gerade einen Fernsehbericht über die spezielle Bakterienkultur, die das Wasser rötlich erscheinen lässt und schon seit Jahrtausenden fast unverändert im See vorkommt.

Sowohl beim Alatsee, als auch am Beginn des Faulenbacher Tals, hat die Gemeinde jeweils ein Kneipp-Becken angelegt. Das kalte Wasser ist eine willkommene Abkühlung während meiner langen Tour.

Weiter nach Norden, ganz in der Nähe des Alatsees liegt der Weißensee, um den ein schöner Spazierweg herumführt. Ein lauschiges Wäldchen auf der einen Seite, das weiter hinten zum Felsentor führt und auf der anderen Seite freies Feld und ein paar vereinzelte Häuser. Auch dort nehme ich ein erfrischendes Bad.


Lechfall

Der Lechfall mit seinen vier Stufen. Hier empfiehlt es sich eine ruhige Minute abzuwarten, um auf die Brücke zu gehen. Die meisten Touristengruppen tummeln sich nur kurz und zwischen den Gruppen ist es überraschend ruhig auf der schmalen Fußgängerbrücke. Das Getöse des Wassers ist  atemberaubend, obwohl der Wasserfall ein gutes Stück entfernt liegt.

Auf der anderen Seite der Brücke passiert der Fluss einen natürlichen Engpass in einer Schlucht. Wenn bei einem Hochwasser zu viel Wasser hier ankommt, staut es sich vor der Engstelle. In die Stadt kann immer nur eine bestimmte Wassermenge fließen, so dass sich das Hochwasser vor Füssen staut und die Einwohner von den regelmäßig auftretenden Frühjahrsfluten verschont bleiben.

An der Felswand der Schlucht sind die Hochwasserstände der verschiedenen Jahr markiert. Es fällt auf, dass die wirklich großen Hochwasserstände überwiegend im August zu beobachten sind, da es im Hochsommer durch die große Hitzeentwicklung am ehesten zu starken Temperaturunterschieden und somit zu starken Gewittern kommt. 

Zu Fuß gibt es von hier aus eine gute Möglichkeit, auf der anderen Seite der Brücke ins Faulenbacher Tal zu gelangen (Beschreibung siehe oben).


Schwärzerweg

Der Schwärzerweg zweigt gleich hinter dem Kurhotel Jakob in Bad Faulenbach ab und kann von dort aus über ein paar fast zugewachsene Stufen erklommen werden. Ein weiterer Zugang über eine besser intakte Naturtreppe ist ab dem Mittersee ausgeschildert.

Nach dem etwas versteckt liegenden Aufstieg führt der Weg durch einen malerischen dunklen Wald. Ich kann mir sofort gut vorstellen, dass auf diesem Weg früher Tabak, Strohrum und sonstige Dinge von Östtereich nach Deutschland geschmuggelt wurden. Der Name des Weges rührt daher, dass die Schmuggler sich die Gesichter schwarz färbten, um nachts nicht so schnell entdeckt zu werden.


Schloss Hohenschwangau und Schloss Neuschwanstein

Die beiden Schlösser Hohenschwangau und Neuschwanstein befinden sich direkt gegenüber voneinander.

Das Schloss Hohenschwangau steht auf einer kleineren Anhöhe am Alpsee. Vom See aus ist es gut zu sehen und auch gut zu fotografieren.

Auf dem höheren Berg gegenüber hat König Ludwig II das Schloss Neuschwanstein erbauen lassen. Es war ihm allerdings nur einige Monate vergönnt im Schloss zu leben. Er starb noch vor der endgültigen Fertigstellung.


Pöllatschlucht und Marienbrücke

An einem schönen sonnigen Abend fahre ich mit Elisabeth zur Pöllatschlucht. Wir parken an der alten verfallenen Gipsmühle und steigen auf atemberaubend schönen Wegen zur Marienbrücke nach oben. Neben uns die stürzt die Pöllat laut rauschend und schäumend ins Tal. An einer Stelle wird Wasser in eine breite Holzrinne abgezweigt. Dieses Wasser treibt noch heute, ganz wie in alten Zeiten, das Mühlrad der Gipsmühle an.

Mal führt uns der Pfad auf schmalen Wegen über Wurzeln und Steine, mal geht es über fest im Berg verankerte Eisengitter die wilde Schlucht hinauf.

Auf der Hälfte des Weges, am ersten Aussichtspunkt, kommt es mir so vor, als ob die Pöllatbrücke, die in 90 Metern Höhe die Schlucht überspannt noch ewig weit weg ist.

Der Weg gabelt sich. Links geht es weiter nach oben und rechts geradeaus. Ich bin froh, dass Elisabeth einen kurzen Abstecher nach rechts vorschlägt. Kurz darauf stehen wir im Schlosshof von Neuschwanstein. Überraschenderweise halten sich die Touristenmassen in Grenzen. Die Angestellten lassen gerade die letzte Führung ins Schloss und der Hof leert sich. So können wir in aller Ruhe die Architektur bestaunen und ein paar touristische Fotos schießen.

Dann folgen wir dem linken Weg, der die letzten hundert Meter hinauf zur Brücke führt. Nach einigen weiteren Biegungen kommt sie in Sicht. Unter uns braust und tost die Pöllat ins Tal. Je näher wir zur Brücke kommen, desto stärker wird das Rauschen. Ein Blick von der Brücke in die Tiefe macht schwindelig.

Von hier aus haben wir einen phantastischen Blick auf das weiße Märchenschloss Neuschwanstein, hinter dem die Sonne gerade farbenprächtig untergeht. Das erinnert uns daran, dass wir demnächst zurück müssen. Auf dem Rückweg hängen wir schweigend unseren Gedanken nach und genießen den Abstieg in der kühlen Schlucht. Das wilde Wasser der Pöllat rauscht noch immer neben uns und begleitet uns ins Tal.


Tegelbergbahn

Am nächsten Vormittag fahre mit dem Fahrrad zur Tegelbergbahn, die in der Nähe von Schwangau liegt und lasse mich bequem auf den Tegelberg hinauffahren. Die meisten Ausflügler tun es mir gleich.

Von der Bergstation sind es noch einige wenige hundert Meter zum Gipfelkreuz hinauf. Die Strecke ist locker in 20 Minuten machbar, allerdings sollte frau trittsicher sein, da die letzten Meter mit Seilen gesichert über kantige Felsen verlaufen.

Am Gipfelkreuz ist die Aussicht atemberaubend. Es ist egal, in welche Richtung ich fotografiere, immer entsteht ein malerisch schönes Alpenpanorama-Foto.

An der Bergstation gibt es die Möglichkeit im Panoramarestaurant einzukehren. Die Speisekarte klingt sehr gut, aber da ich in Füssen mit Elisabeth zum Mittagessen verabredet bin, kann ich leider nicht bleiben.

Ein gut trainierter Wanderer erzählt mir auf der Rückfahrt nach unten, dass er an diesem Morgen in zweieinhalb Stunden auf den Tegelberg gewandert ist. Ich schätze, dass es bei mir eher drei bis vier Stunden dauern würde und fräue mich, dass den Berg mit der Bergbahn entdecken durfte. Als kleiner Vormittagsausflug oder bei schlechtem Wetter bietet sich diese Variante an.


Säuling

In der Umgebung von Füssen schiebt sich der Säuling immer wieder ins Blickfeld. Beim Aufstieg auf den Berg ist mindestens mit einem Tagesmarsch zu rechnen, da 1100 Höhenmeter überwunden werden müssen. Am besten ist es daher, die Tour bei gutem Wetter anzugehen, oben unter freiem Himmel zu übernachten und den Abstieg am nächsten Tag gut ausgeruht anzugehen.

Auf einer Autofahrt ins österreichische Reute ist der Säuling besonders gut zu sehen. Von dieser Seite aus fallen die von Elisabeth beschriebenen drei Spitzen ins Auge. Diese sind von der deutschen Seite aus nur zu erahnen.


Frauensee (Österreich)

In der Nähe von Reutte in Österreich empfiehlt sich alleine schon wegen des Namens ein Besuch am Frauensee. Der See befindet sich nördlich von Lechaschau oben auf dem Berg und ist über eine Fahrstraße gut zu erreichen.

Als ich im Juni dort war, war das Wasser noch empfindlich kalt. Mir wurde gesagt, dass es nie so richtig warm wird, da es sich um einen Bergsee handelt. An warmen Sommertagen sollen aber schon Schwimmerinnen gesichtet worden sein. Ein Sprungbrett ist für alle Fälle montiert.

Interessant anzuschauen sind hier auch die ganzen busenförmigen Doppelspitzen der umliegenden Berge. Es ist anzunehmen, dass der Name des Sees unter anderem von dieser Besonderheit her rührt.

Im Bilderrahmen des Fortbildungs- und Freizeithaus Frauensee finde ich die Legende vom versunkenen Schloss im Frauensee:

"Am Fuße der mächtigen Gohrenspitze (gemeint ist die Gehrenspitze) breitet sich, von dunklen Fichten umstellt, der einsame Frauensee aus. Vor Jahrhunderten war diese stille Gegend fester Grund von fruchtbaren Äckern und saftigen Wiesen. Ein Schlößchen stand darauf, das einer reichen und stolzen Frau gehörte. Bald wussten die Schlossbewohner das Brot nicht mehr als Gabe Gottes zu schätzen und reinigten voll Hochmut ihre Kinder mit Weißbrot. Aber gegen die Armen waren sie hartherzig und abweisend.
Eines Tages ereilte diese frevelhaften Menschen Gottes Strafe. Ein schreckliches Umwetter braute sich über der Gohrenspitze zusammen und begann zu toben. Unermessliche Wasserfluten stürzten vom Himmel auf die Berghänge und ließen Ansitz und Felder versinken.
Auf den einst blühenden Gefilden wogte eine braune Wasserfläche. Die Elemente beruhigten sich, das Schmutzwasser klärte sich, und die Sonne strahlte nun auf einen neu entstandenen See, den Frauensee. In seine Tiefen aber versanken für immer frevlerischer Hochmut und irdischer Reichtum."

Zum Abschluss eine Ergänzung von Elisabeth Wintergerst zum Frauensee:
"Die Landschaft um den Frauensee ist nicht nur sagenhaft, sondern auch geheimnisvoll. Unterhalb des Frauensees liegt ein prähistorischer Schalenstein, das "Mangensessele". Mehrere Höhlen sind verborgen im Schutz der Landschaftsgöttin. Ein vorgeschichtlicher Erzabbau hat seine Spuren auf alten Wegen und in Ortsbezeichnungen hinterlassen. "Die Hahle" (vielleicht war es einmal "die Holle") wacht als Bergmutter über dem Frauensee. Wilde Weiber mit roten Röcken, die am Grat in Richtung Hahnenkamm lärmten, konnten Wetter machen, erzählt die Sage. Ja, sogar eine Goldgrube soll es einmal gegeben haben. Es ist eine ahnungsvolle weibliche Landschaft, die einlädt, die Zeit zu vergessen und Wesenhaftes zu spüren."

Daniela Parr