Region 11
Fichtelgebirge, Franken, Altmühltal
St.
Quirin bei Püchersreuth
Zu den drei Bethen gehen
Moira
Malerisch eingebettet in eine liebliche
Wiesenlandschaft liegt die Wallfahrtskirche St. Quirin auf einem Hügel, dem
Botzerberg, in der Gemeinde Püchersreuth im Landkreis Neustadt/Waldnaab.
Besonders beliebt ist sie bei Brautpaaren zum Heiraten. Die römisch-katholische
Kirche wurde 1678 von Fürst Ferdinand von Lobkowitz gebaut und in August 1687
geweiht. Die Nutzung der Kirche beginnt mit einer sogenannten Flurwallfahrt am
25. April und dauert den ganzen Sommer über bis St. Martin (11.11.). Eine
zweitägige Fußwallfahrt nach Maria Kulm in Tschechien, die im 17. Jahrhundert
begonnen wurde, weist auf die Tradition als heiliger Ort hin. Die Dörfer im
Umland sind sehr alt. Einige gehen bis auf die Jungsteinzeit zurück, wurden von
Kelten, Slawen und schließlich von Germanen besiedelt.
Auf mich selbst hat der Botzerberg eine starke
Anziehungskraft, so dass ich ihn eines Tages spontan besuche. Schon beim
Austeigen aus dem Auto umhüllt mich intensiver Lindenblütenduft und eine so
starke mütterliche Atmosphäre, wie ich sie noch nie erlebt habe. Ich besichtige
die Wallfahrtskirche und merke sofort, dass sie nicht der Ort ist, nach dem ich
suche. Zwar stellt das Altarbild Pfingsten mit einer rotgekleideten Maria im
Zentrum dar, aber es zieht mich in Richtung der alten Linden am Hang. Sie sind
über eine kleine Steintreppe zu erreichen - beeindruckende, alte Bäume.
Ganz
unten am Fuß des Hügels erreiche ich die „Quirin-Stele“. Hier soll der Legende nach
eine kleine Kapelle an einem Haselstrauch ein wundertätiges Gnadenbild
beherbergt haben, das in die Wallfahrtskirche überführt wurde. Davor soll ein
alter Kultpaltz existiert haben. Den Haselstrauch finde ich leider nicht mehr.
Und - um bei der Wahrheit zu bleiben - die großen alten Linden, als Bäume der
Muttergöttin, ziehen mich mehr an als die Stele. Vielleicht wurde sie nicht
genau auf dem Platz des alten Kultheiligtums erbaut? Oder befand sich hier ein
Baumheiligtum?
Als ich über den Ort recherchiere, stoße ich auf einen Hinweis
eines Heimatpflegers, der mich stutzig macht: Der Name Botzerberg leite sich
von den Bethen ab, stellt er bei seinen Forschungen über den Quirin anhand der
Flurnamen fest. Jahrhundertelang seien die Frauen zu den Bethen auf den Berg
gegangen, so dass der Berg christianisiert wurde, um dem heidnischen Treiben
ein Ende zu setzen. Dies gelang aber nie ganz. Deshalb entschloss Mann sich einen
römischen Heiligen auf das Frauenheiligtum zu setzen.
Als ich mit meiner hellsichtigen Freundin wieder komme, läßt diese die Kirche links liegen und geht direkt auf die alten Linden am Hang zu. Sie sieht Priesterinnen auf dem ganzen Hügel, die Frauen beraten, Heilkräuter sammeln und weitergeben. Ich bin stolz, dass sich mein Instinkt bestätigt hat: Der Quirin ist ein altes Frauenheiligtum. So freue ich mich über die Herzen, die ein Brautpaar zur Feier ihrer Hochzeit auf dem Platz vor der Kirche aus Blütenblättern hat legen lassen. Ich finde, sie ehren auch die drei Bethen.
Moira
Quellen:
Göttner-Abendroth, Heide: Matriarchale
Landschaftsmythologie, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2014
Schulze, Christoph: St. Quirin am
Botzerberg bei Püchersreuth, hrsg. im Eigenverlag 2003
Wikipedia: Artikel „Wurz“. „St. Quirin vom
Tegernsee“, „St. Quirin (Wallfahrtskirche)“