Region 11
Fichtelgebirge, Franken, Altmühltal


Doost im nördlichen Oberpfälzer Wald

Auf der Suche nach alten Göttinnenorten in der Region Oberpfalz stoße ich beim Blättern durch den Naturparkführer Oberpfälzer Wald auf die Beschreibung des Doost zwischen Neustadt/ Waldnaab und Floß im Landkreis Neustadt/Waldnaab. Er ist seit 1937 ein Naturschutzgebiet und ein beliebtes Wanderziel.

Kennzeichen des Geotops sind große Granitblöcke zwischen 50 Zentimeter und 5 Meter, unter denen der Bach Girnitz fließt. Entstanden ist es durch eiszeitliche Prozesse und Verwitterung. Das Wort „Doost“ soll sich von „Tosen“ ableiten und ist das älteste Naturschutzgebiet in der Oberpfalz.

Viele Sagen erzählen von seltsamen Ereignissen, z.B. dass der Teufel dort gestohlene Milch zu Butter gerührt hätte oder „Umgang“ mit einer Magd aus dem angrenzenden Dorf gehabt hätte. Das macht mich stutzig. Verteufelt wurde auch in der Nordoberpfalz so einiges was nicht christlich war.

Zusammen mit einer Freundin mache ich mich eines Sonntagsnachmittags auf den Weg. Wir wählen das Dorf Ritzlersreuth als Ausgangsort, stellen das Auto ab und wandern über einen Wiesenpfad in den Doost. Gleich beim Betreten nimmt uns eine wunderschöne, fast jungfräulich-frisch wirkende Atmosphäre in Empfang. Das leise Gluckern des Baches Girnitz wirkt geheimnisvoll unter unseren Füßen.

Leider hatte es die Tage davor geregnet, so dass der fast verwunsche verwilderte Pfad extrem matschig ist. Heilkräuter wachsen hier in Hülle und Fülle. Der frische Sauerklee macht den Eindruck, als hätte die Göttin Glücksklee in rauhen Mengen ausgestreut. Da macht es nichts aus, dass die meisten Kleeblätter nur dreiblättrig sind. 

              

Meine hellsichtige Freundin raunt mir zu, dass sie weiß gekleidete junge Frauen sieht, die in einer Gruppe unterwegs sind, um Heilkräuter zu sammeln. Ich sehe mal wieder nichts außer der Natur. Aber zu spüren ist die besondere Atmosphäre des Ortes deutlich. Nach 15 Minuten werden die Gesteinsbrocken immer größer und bemooster, die Girnitz unter ihnen gluckst und rauscht. Bald läuft der Weg auch über die großen Steine mal rechts, mal links der Girnitz. Ein magischer Ort voller jungfräulicher Ausstrahlung. Wir können uns gut vorstellen, dass hier einer Göttin gehuldigt wurde.

Am Ausgang des Doost (oder am Eingang in den Doost von Diepoltsreuth aus) erzählt ein Schild über die Nutzung des Doost als vorchristlicher Opferplatz, versehen mit einer Legende über die wunderbare Errettung eines Christenmenschen. Weil der Opferplatz auch als Ausgangsort der „Wilden Jagd“ gesehen wird, bei der Frau Holle die verstorbenen Seelen in die Anderswelt mitnimmt, könnte es sich um einen Ort der Holle handeln.

Leider haben die heutigen Wanderer den Ort mit Müll verschmutzt. Statt Gaben an die Göttin stecken PET-Flaschen in den Spalten zwischen den großen Steinen. Ein gespraytes Graffiti erzählt uns, wer schon da gewesen ist und ein leerer Coffee-to-go Becher wurde absichlich auf der kleinen Ruhebank „vergessen“. Ein Mountainbiker radelt quer über die Steine, eine Gruppe Radwanderer trägt laut quasselnd ihre Räder über einen Engpaß.

Uns ist klar, dass dieser Ort ein heiliger Ort war und durch die Nutzung als Wanderziel eine „Entweihung“ erfahren hat. Gleich am Montag rufe ich im Landratsamt an um die Verschmutzung bekannt zu machen. Wenigstens diesen Dienst kann ich dem alten Kultplatz tun.

Dem Doost wünsche ich viele göttinnenbewegte Besucherinnen und Besucher, die der Natur dort Respekt und diesem besonderen Ort die entsprechende Verehrung entgegenbringen.

Moira