Region 10
Neckarland, Schwäbische Alb, Schwarzwald

Nördlinger Ries

An einem schönen Sommertag mache ich mich auf nach Nördlingen, um von dort aus das Nördlinger Ries und die beiden Berge Goldberg und Ipf zu erkunden. Am Weg dorthin liegen außerdem die beiden Ofnet-Höhlen, die Teufelsküche und die Hohlensteinhöhle im Kaufertsberg.

Die Stadt Nördlingen

Das Städtchen Nördlingen liegt im sogenannten Nördlinger Ries, einer fast kreisrunden Vertiefung mit 24 Kilometer Durchmesser. Hier ist vor 15 Millionen Jahren ein Meteorit in die Alb eingeschlagen und hat diese Geländeformation hinterlassen.

Ich drehe eine kleine Runde durch das beschauliche Städtchen mit seinen vielen Fachwerkhäusern und vier vollständig erhaltenen Stadttürmen.

Das Rieskrater-Museum

Schließlich lockt mich das Rieskrater-Museum mit seiner Ausstellung über den Meteoriten-Einschlag. Das Thema wird von vielen Seiten beleuchtet. Besonders beeindruckt bin ich von der grafischen Darstellung der Einschlagsgeschwindigkeit. Mit einem Lichtlaufband werden die Geschwindigkeit eines Auto, eines Flugzeugs und der Meteoriteneinschlag dargestellt. Der Einschlag ist in rasendem Tempo passiert. Noch bevor ein Mensch blinzeln konnte, muss es schon passiert gewesen sein. Die Ausstellung ist sehr  informativ und absolut zu empfehlen.

Das Schloss Alerheim

Durch Zufall komme ich auf meiner Radtour am Schloss Alerheim vorbei. Die runde Mauer auf einem Hügel zieht sofort meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich schiebe mein Fahrrad den Berg hinauf und entdecke mehrere Häuser, die zum Schloss gehören, sowie das Schloss selbst. Leider ist es nicht möglich, die Anlage von innen zu besichtigen. Das wäre bestimmt spannend gewesen. Aber auch von außen ist dieses Schloss auf dem Hügel ein interessanter Anblick.

Der Tiergarten


Ein wenig weiter entdecke ich auf der Karte die Bezeichnung "Tiergarten". Da auf der Karte ansonsten alles grün ist, kann hier kein Zoo sein. Neugierig fahre ich hin. Ein Schild erklärt, dass hier bis Mitte des 18. Jahrhunderts das Lustschloss Tiergarten gestanden hat. Außer einem mit vielen Wildblumen bewachsenen Hügel gibt es hier nichts mehr zu sehen. Es fällt mir schwer, mir das auf dem Schild dargestellt Schloss an dieser Stelle vorzustellen, da der Platz nicht besonders groß ist.


Der Rollenberg

Nun fahre ich direkt auf den Rollenberg zu. Schon von weitem ist die langezogene "Rolle" des Berges zu sehen. Wie viele andere Kultberge ist der Rollenberg mit einer Wachholderheide und der zugehörigen Magergraswiese bewachsen. Schon von weitem ein phantastischer Anblick.

Der Weg auf den Berg führt durch einen kleinen schmalen Eisenbahntunnel und dann auf gewundenen Pfaden den steilen Berg hinauf. Von oben bietet sich ein toller Blick über das Land.

Das gesamte Gipfelplateau des Berges ist von einem jungsteinzeitlichen Ringwall umgeben, der in Abschnitten noch zu sehen ist. Er markierte wahrscheinlich das Innere des Kultgebiets. Es gibt Funde aus der Zeit der Bandkeramikerinnen. Die Blütezeit der Besiedelung des Rollenberges war in der Bronzezeit. Die nahe gelegenen Urnenfelder der "Kalbeläckern" gehörten zum Kultgebiet des Rollenbergs.


Die Hexenküche im Kaufertsberg bei Lierheim

Vom Rollenberg aus suche ich mir meinen Weg zur Hexenküche in Lierheim. Dazu muss ich ein kleines Flüsschen überqueren und ein längeres Stück auf der Landstraße entlangfahren. Ab hier ist es vorbei mit der flachen Ebene des Rieskraters. Ich darf wieder fester in die Pedale treten, da ich mich nun am äußeren Rand des durch den Meteoriteneinschlag entstandenen Kraters befinde.

Schließlich entdecke ich neben der Straße die mir von Fotos her bekannte Felsformation. Sie liegt gut versteckt in einer kleinen Senke am Berg. Auf dem Felsen wachsen einige seltene Pflanzenarten.

Im vorderen Bereich befindet sich die als Hexenküche bekannte Höhle. Ich trete durch das Loch im Felsen ein und wundere mich, dass es drinnen hell ist. Die Hexenküche ist oben offen. Der blaue Himmel leuchtet durch eine Öffnung, die mich an eine Frau in einem weiten Gewand erinnert. Ich fühle mich eingeladen, zu verweilen. Geborgen und aufgehoben genieße ich die Atmosphäre dieser Höhle. 

In der Höhle wurden viele archäologische Fundstücke aus allen Zeitaltern, insbesondere aus der Altsteinzeit, ausgegraben. Schon sehr früh war der Abri vor der Höhle besiedelt. Das Höhleninnere wird also schon seit Jahrtausenden zu kultischen Zwecken genutzt.

Auf einer Tafel vor der Felsformation wird die Kopfbestattung eines Mannes beschrieben. Gefunden wurde der Unterkiefer und die ersten beiden Halswirbel. Dieser Fund soll mit den Schädelfunden in den Ofnethöhlen (siehe unten) zusammenhängen.

Gerne wäre ich noch ein bisschen geblieben, aber da es schon spät am Abend ist, muss ich mich ein wenig sputen. Bis zu meiner Unterkunft im Gasthof Adler in Riesbürg habe ich noch einige Kilometer vor mir.

Die beiden Ofnethöhlen
Von Holheim aus erkunde ich am nächsten Morgen die beiden Ofnethöhlen, über die ich in Gisela Graichens Kultplatzbuch gelesen habe.

Am halben Weg den Berg hinauf zu den Höhlen liegt ein römischer Gutshof. Dieser ist schon von weitem zu sehen und es bietet sich an, ihn zuerst zu besichtigen. Die Grundmauern wurden in der Form der früheren Gebäude wieder aufgemauert. Der Hof bestand aus einem einstöckigen Wohnhaus, einem Bad und mehreren Wirtschaftsgebäuden.

Die kleine und die große Ofnet-Höhle liegen gleich oberhalb davon im Riegelberg, einer langestreckten Felsformation, die entfernt dem Rollenberg ähnelt. Er zählt zu den so genannten Megablöcken, also den Gesteinsbrocken, die infolge des Meteoriteneinschlags vom Kraterrand in die Ries-Ebene hineinrutschten. Die Ofnethöhlen sind Höhlenruinen, die auf der riesabgewandten Seite von Tal abgeschnitten worden sind.

Sie erlangten wissenschaftliche Bedeutung, da eine Nutzung durch den Menschen schon während der Steinzeit nachgewiesen werden konnte. Die Menschen lebten damals auf dem Plateau des Berges oberhalb der Höhlen. Besonders spektakulär waren die Funde von Schädeln, die in Nestern angeordnet waren, in der großen Ofnethöhle: ein Nest mit 27 Schädeln und ein Nest mit 6 Schädeln.

Der Aufstieg zu den Höhlen erfolgt am Südhang des Berges. Gleich vorne liegt die große Ofnethöhle mit 17 Metern Tiefe. Obwohl ich von den Schädelbestattungen weiß, fühle ich mich in der Höhle sehr wohl. Vorne an der Seite gibt es eine Art Fenster, neben dem die Schädel gefunden wurden. In einer Nische auf der anderen Seite der Höhle befindet sich eine weitere Öffnung nach draußen.

                 

Ein paar Meter weiter folgt die kleine Ofnethöhle. Sie hat eine Tiefe von 9 Metern. Trotz der geringen Tiefe ist es auch in dieser kleinen Höhle merklich kälter als draußen. Das Geräusch des gelegentlich von der Decke tropfenden Wassers hat etwas sehr Beruhigendes.


Die Höhle in der Hölle

Ich mache mich auf den Weg zur Hohlensteinhöhle. Unterwegs entdecke ich die "Höhle in der Hölle". Sie liegt recht unspektakulär an einem steilen Hang. Sie ist wenig bekannt und gerade so hoch, dass ich darin stehen kann. Die Höhle ist rund und hat rechts eine Einbuchtung, die über einen Vorsprung erreicht werden kann. Vor und in der Höhle liegt leider relativ viel Müll herum.


Die Hohlensteinhöhle im Kaufertsberg bei Lierheim

Schließlich komme ich an der Hohlensteinhöhle im Kaufertsberg an. Von außen sieht sie genau so aus wie auf den Bildern im Internet. Rechts vor dem Höhleneingang liegt ein großer Stein. Er könnte als Altar gedient haben.

Ich klettere in die Höhle. Drinnen fühlt es sich unangenehm für mich an, so dass ich sie relativ schnell wieder verlasse. Es ist schade, dass ich mich im Inneren der alten Kulthöhle nicht wohl fühle, weil ich mich schon sehr auf diesen Platz gefreut hatte. In der ersten Kammer der Höhle wurden Schieferplatten mit altsteinzeitlichen Darstellungen von drei Frauen gefunden. Bei neuerlichen Studien wurden auf der selben Platte noch drei weitere Frauenfiguren entdeckt.

Auf dem Weg nach Lierheim komme ich an einem interessanten Steinbruch vorbei. Er bildet einen staubigen Gegensatz zu dem feuchten Wald, aus dem ich komme. Hier wachsen ganz andere Pflanzenarten. Der kleine Abstecher lohnt sich.

Bei Lierheim gibt es mehrere kleine Badeseen, die mir von den Einheimischen sehr empfohlen wurden. Leider reicht dafür die Zeit nicht, da ich noch die beiden großen Hausberge der Gegend, den Goldberg und den Ipf besuchen will.


Der Goldberg

Um zum Goldberg zu gelangen muss ich noch einmal ganz schön in die Pedale treten. Oben angekommen stelle ich das Fahrrad ab und überquere die Straße. Von unten betrachtet hat der Goldberg ein flaches Plateau und eine an der vorderen Seite flach abfallende Kante. Auf einem kleinen Pfad an der Seite steige ich auf den Berg hoch.

Links und rechts grünt und blüht es. Ich bahne mir meinen Weg nach oben durch das hohe Gras. Das Plateau des Goldbergs ist im Kontrast dazu frisch gemäht. An der Seite zur Straße hin sitzt ein Mann auf der einzigen Sitzbank, die es hier oben gibt.

An der Südseite des Plateaus schaue ich mir die Felsen genauer an, da es dort möglich ist, einen Blick auf die farbliche Schichtung des Berges zu werfen. Im Gestein wechselt sich immer eine helle mit einer dunkleren Schicht ab. Diese Besonderheit ist entstanden, als sich der Rieskrater des Nördlinger Ries mit Wasser füllte. Am Goldberg trat kalkreiches Quellwasser aus dem Kraterboden aus. Dieser Kalk lagerte sich in Schichten ab und bildete den Goldberg.

Auf dem Plateau kann ich richtig spüren, wie die Hitze der Sonne aus dem gemähten Gras nach oben steigt. Bevor ich mich auf den Weg zum Ipf mache, lege ich im örtlichen Schwimmbad im Tal eine kleine Pause ein. Einen kurzen Moment lang ärgere ich mich, nicht in den Badeseen bei Lierheim gebadet zu haben.


Der Ipf

Der Ipf liegt wie der Goldberg sehr weit oben. Zum Glück ist es am Abend etwas kühler. Als ich von der Hauptstraße auf den ruhigeren Feldweg abbiege, kann ich schon die Stufen der gestaffelten Wallanlage des Ipf erkennen. Fast der ganze Berg ist mit der für die Gegend sehr typischen Wacholderheide und einer Magergraswiese bedeckt, was sehr schön anzusehen ist.

Der Berg, dessen Name nur aus drei Buchstaben besteht, hat mich schon lange fasziniert. Nun steige ich endlich auf das Plateau hinauf, das ich oft im Vorbeifahren aus dem Zug bewundert habe. Das erste Stück des Weges verläuft in einem kleinen Wäldchen. Daneben sind Schafweiden abgezäunt, in denen ich auch das ein oder andere Schaf entdecken kann.

Für einen Abend unter der Woche kommen mir überraschend viele Touristen entgegen. Als ich oben auf dem Plateau ankomme, sehe ich mehrere Modellflugzeuge auf der Wiese. Ein Mann mit einer Fernsteuerung in der Hand lässt ein weiteres Modell über dem Plateau kreisen. Irgendwie hatte ich mir meine erste Begegnung mit dem Ipf idyllischer vorgestellt. Erfräulicherweise ist der Mann so in seinem Element, dass er mich kaum wahrnimmt. Ich kann mich in aller Ruhe hier und da auf dem Plateau niederlassen und die Energie des Berges erspüren.

Die Sonne sinkt langsam in Richtung Horizont und mahnt mich zum Aufbruch. Vom Bahnhof in Bopfingen fahre ich nach zwei erlebnisreichen Tagen im Nördlinger Ries wieder nach Hause.

Daniela Parr