Region 10
Neckarland, Schwäbische Alb, Schwarzwald

Alle Wege führen zur Urmutter

Ein Wanderseminar am Hohle Fels
von Gabriele Kapp

Diese leichte und abwechslungsreiche Wanderung startet im Zentrum in Blaubeuren zum Hohle Fels.

Es empfiehlt sich ein Start am Urgeschichtlichen Museum im Zentrum, von wo aus frau in Richtung Jugendhergerge auf den Rucken, den Bergrücken steigen kann.

Dort oben ist neben dem obligatorischen Kriegermahnmal gleich noch ein wundervoller Platz, von dem frau auf eine Felsenwand blickt mit einer runden Öffnung, die als Große Grotte bezeichnet wird. Majestätisch und einladend zugleich schaut sie auf die Betrachterin zurück. Hier wohnten einst NeandertalerInnen.

Nur ein Stück weiter rechter Hand erhebt sich ein weiteres Felsgebilde mit einer Art Ritzung oder auch einem Symbol, das auch natürlich entstanden sein kann. Die übliche Bezeichnung „Reichsapfel“ wird von der eingeweihten Frau aber leicht als umgedrehtes Venussymbol erkannt. Wenn man die Landschaft mit den Felsen auf sich wirken lässt, darf man sich durchaus fragen, ob das heute übliche Symbol für die Frau nicht auf dem Kopf steht?

Fast der gesamte Natur-Weg führt entlang des Bergristes oder dann vor dem Geißenklösterle unten am Bergfuß entlang, so dass frau anhand der Karte leicht die Verbindungen zwischen den Stationen Museum, Rucken, Geißenklösterle und Hohle Fels finden kann. 

Immer wieder wandern wir parallel zu dem Schotterweg zum Geißenklösterle beschaulicher im Grünen etwas unterhalb des Pfades. Denn durch die starke Bewaldung und den naturbelassenen Weg verstärkt sich die meditative Stimmung, die uns beim Anblick der beeindruckenden Felsengebilde sowieso ergreift.

Auf diesem letzten Drittel taucht wie aus dem Nichts am Berghang wieder eine Felsformation auf, in ihrer Andersartigkeit und Größe ganz neu und überraschend.

Vom Weg aus kann frau ein Tor erblicken, das den Menschen in der Eiszeit wie eine Einladung der Natur persönlich gewesen sein mag. Früher ging auch der Weg zur Höhle dort entlang - die jetzt Geißenklösterle heißt.

Heute muss frau zum Aufstieg wieder am Weg ein paar Meter zurückgehen und dort den bequem angelegten Stufen folgen.

Unverhofft kommt frau in eine Art Vorhalle, die durch zwei Felsrippen gebildet wird, und die, der in der Mitte wie in einem Schoß liegende Höhle, einen starken Wetter und Sichtschutz gewähren.

Der Höhleneingang selbst ist vergittert und heute ca 50m über dem Talgrund und in der Höhle selbst sind noch die Gitter mit den Bestimmungsfäden für die Ausgrabungen, die vor 11 Jahren beendet wurden. Heute hat frau moderne Theodoliten, um die Ausgrabungsorte und Schichten mittels Laser genau zu katalogisieren.

Auch hier lebten NeandertalerInnen vor ca 50.000, die sich die Höhle mit den Höhlenlöwen teilten. Zu deren Zeit dürfte der Talgrund gut 90m entfernt gewesen sein. Ursprünglich verlief die Urdonau dort und machte eine Schleife um den Rucken. Später schob sie sich selbst mit Geröll zu und suchte sich dann schließlich einen neuen Durchbruch.

Der Ausblick aus der Höhle ist majestätisch und geborgen zugleich. Denkt frau sich die Bewaldung weg, so hat frau  einen guten Überblick auf die Donau gehabt, die heute das Tal ist.

Bei der Höhle springt eine Art Vorhalle hervor und es gibt auch eine kleine Grotte. Geht man von Menschengruppen von ca 10 bis 20 Menschen aus, so hatten diese hier einen komfortablen Platz.

Bei der Höhle springt eine Art Vorhalle hervor und es gibt auch eine kleine Grotte. Geht man von den Menschengruppen von ca 10 bis 20 Menschen aus, so hatten diese hier einen komfortablen Platz.

Im Geissenklösterle war wohl sehr viel „Werkstattbetrieb“, denn es wurden viele Mammut- und Rentierknochen gefunden. Wohl wurden auch tonnennweise Knochen aus der Höhle befördert, bevor frau wissenschaftliche Grabungen begann. Es wird angenommen, dass die Menschen des Aurignacien die Knochen verbrannt haben, da es in der Eiszeit wenig Holzwachstum gab. Die Feuer wurden mit Holz angeheizt und erst bei guter Glut mit Knochen weitergebrannt.

Da das Wasser in Eis gebunden war, geht frau auch davon aus, dass es wenig Niederschläge und wegen der Kälte  kaum Bewaldung gab. Es handelte sich landschaftstypisch um Kräutersteppen.

Nach Auskunft des Archäologen Johannes Wiedmaier verließen die NeandertalerInnen das Gebiet als es zu kalt war. Wir gehen davon aus, dass die modernen Menschen, also unsere VorfahrInnen später im letzten Drittel der Altsteizeit, dem sogenannten Aurignacien hier einwanderten, und sich die beiden Menschenarten nicht begegneten.

Hier im Aachtal gibt es sehr viel mehr Artefakte von den Menschen Homo sapiens sapiens.

Nach der Höhle geht es ein kurzes Wegstück wieder zurück, und dann nach links abwärts an den Parkplatz in Sichtnähe, wo eine gemütliche Bank unter der Linde zum Ausruhen oder Singen und Tanzen einlädt.

Der Weg zum Hohle Fels führt nun weiter immer dem Weg am Boden des Hügels folgend, wo man schon die Autos vom Parkplatz durch die Zweige blinken sieht. Der Hohle Fels ist ca 40m näher am Grund als das Geissenklösterle und damit heute fast ebenerdig zum Tal. Damit ist er im Verhältnis zum Geissenklösterle sehr leicht zu erreichen. Die Höhle Hohle Fels hat wieder eine völlig andere Ausstrahlung und Energie als das Geissenklösterle. Es ist der Fundort der Urmutter vom Hohle Fels, also der ältesten Menschendarstellung, die jemals gefunden wurde - mitten auf der Schwäbischen Alb! Und auch der einzigen Höhlenzeichnung der Schwäbischen Alb!

Die Museumsgesellschaft Schelklingen hütet die Höhle. Sie ist wegen der Fledermäuse nur im Sommer und nur sonntags bei gutem Wetter geöffnet. Immer wieder finden Konzerte in der Höhle statt, wegen der besonderen Akustik.

Hier (und im Geißenklösterle) wurden auch zahlreiche Flöten gefunden, was zeigt, wie kulturell hochstehend unsere VorfahrInnen schon waren. Die Flötentöne aus rekonstruierten Flöten können im Urgeschichtlichen Museum in Blaubeuren angehört werden - sie sind mit 5 Grifflöchern überraschend fein und melodiös.

Im Eingangsbereich befinden sich Schaukästen mit Informationen zur Ausgrabungsgeschichte und Nachbildungen der winzig kleinen Figuren. Dazu Epocheninformationen über die Eiszeit und die jeweils gefundenen Artefakte der Epochen.

Dass es insgesamt eine sehr friedliche Zeit war, kann frau auch aus den vielfältigen Schmuckfunden ableiten, die es aus der Zeit des Graviettien zuhauf in allen umliegenden Höhlen gab. Zwischen den Höhlen gab es wohl regen Handel,  denn es wurden bayerischer Plattenhornstein und auch Silex aus dem Randecker Maar gefunden. Ebenso mehrere Dutzend fossile Schnecken aus der Mainzer und Pariser Gegend. Die Schmuckschnecken waren mit Hämatit (Rötel) bedeckt, dazu Gagat, also fossiles Holz, das als schwarze Farbe dienen konnte und Ocker.

Auf dem Weg in unsere Vergangenheit ist das Wanderseminar vom Aussichtspunkt Rucken über das Geißenklösterle bis zur Urmutter im Hohle Fels überaus lohnend. Wie an vielen steinzeitlichen Plätzen strahlt die Landschaft eine besondere Ruhe und Frieden aus. Regina Golkes und Nicola Poppes Führung mit ihren lebendigen und anschaulichen Darstellungen machen es einem leicht an diesen besonders geschichtsträchtigen Orten, sich in das Leben unserer Urmütter und deren Nachkommen vor Urzeiten hineinzuversetzen.

Gabriele Kapp