Region 7
Hessisches Bergland, Rhön, Odenwald

Wildweibchensteine und Felsenmeere
Auf den Spuren der kleinen Leute im Odenwald
von Daniela Parr



Wildweibchensteine bei Reichelsheim

Auf unserer Tour zu den Matronensteinen im Odenwald erfahren wir von den Wildweibchensteinen und den Geschichten, die über sie erzählt werden. Es gibt sie an mehreren Stellen im Odenwald, unter anderem bei Reichelsheim. Wir  fragen uns durch. 

Der beschriebene Weg führt uns an der  Gaststätte "Zur Freiheit"vorbei. Da wir zur Mittagszeit dort eintreffen und uns die Speisekarte gut gefällt, kehren wir ein. Die Gerichte sind erfräulicherweise genauso lecker, wie sie sich auf der Karte anhören.

Hinter der Gaststätte laufen wir ein kurzes Stückchen zwischen Felder und Streuobstwiesen, dann führt der Weg in den Wald hinein. Zirka zehn Minuten von "der Freiheit" entfernt finden wir die Felsformation "Wildweibchensteine" an einem Abhang.


Von der Homepage der Gaststätte "Zur Freiheit" stammt der folgende Text über die Wildweibchensteine:

Die Geschichte erzählt, daß hier in früher Zeit zwei wilde Kräuterweiblein in einer Höhle am Fuße dieses Felsens hausten. Des öfteren wagten sie sich bis an den Ortsrand Laudenaus und erbaten sich Brot oder andere Dinge.

Die Bauern, die freigiebig zu ihnen waren, fanden anderntags zur Belohnung silberne Löffel in Ihrer Schublade. Am meisten beschäftigt hat die Leute aber der seltsame Spruch, den man die Weiber des öfteren sagen hörte : "Wenn die Bauern wüßten, zu was die wilden weißen Haiden und die wilden weißen Selben gut sind,dann könnten sie mit silbernen Karsten (Hacken) hacken!" Das Rätsel ist leider bis heute nicht gelöst.


Felsenmeer Reichenbach

Das Felsenmeer in Reichenbach ist mir bei meinen Recherchen schon mehrfach begegnet. Bei meinem letzten Besuch im Odenwald bin ich sogar mit dem Bus daran vorbeigefahren und konnte es schon von Ferne bewundern.

Als ich auf dem Parkplatz ankomme, ist noch nichts los. Ich parke gleich in der ersten Reihe, entrichte die Parkgebühr und mache mich auf den Weg.

Außer mir ist nur ein Mann mit Zwillingsmädchen und einem älteren Jungen in dem Steinmeer unterwegs. Die Mädchen müssen dauernd warten, da der um einiges ältere Junge nicht nachkommt und ständig weint und jammert. 

        

Der Weg durch das Felsenmeer ist entweder direkt über die Steine oder auf einem Wanderweg möglich, der sich links und rechts vom Felsenmeer den Berg hinauf windet. Ich entscheide mich erst einmal für den direkten Weg über die Steine. Als ich ungefähr die halbe Strecke hinter mir habe, fällt mir auf, dass der Parkplatz schon sehr voll geworden ist. Ich mache schnell ein paar Fotos ohne Touristen, bevor der Massenansturm losgeht.

Mit der Zeit wird es sehr anstrengend, über die Felsen zu klettern. Nach etwas über der Hälte des Weges laufe ich auf dem regulären Wanderweg weiter. Das Ende der Steine ist immer noch nicht abzusehen. Das Felsenmeer ist 1,4km lang.

Auf Wegweisern und Schildern sind immer wieder Namen von Felsformationen oder einzelnen Steinen angeschrieben. Z.B. gibt es hier die Römersteine und den Borstein. Ein Holzschild weist auf die "Kiste" hin. Dabei handelt es sich um einen quaderförmigen langgestreckten Stein. Ich vermute, dass er bearbeitet wurde, um diese eckige Form aufzuweisen.

Ich möchte auf jeden Fall noch zur Säule und zum Altarstein, die weiter oben im Wald liegen sollen. Die Säule gehörte zu einem römischen Tempel. Der Reichenbacher Pfarrer ließ die Säule im frühen 20.Jahrhundert umstoßen. Sie war ihm ein Dorn im Auge, da die Bevölkerung weiter an den alten Bräuchen festhielt und hier unter anderem den 1.Mai feierte. Seitdem liegt die 9,33 Meter lange und 27,5 Tonnen schwere Säule am Hang.

Ein paar Meter weiter befindet sich der Altarstein, der heute noch zwei wellige Stufen aufweist. Am oberen Rand hat er außerdem mehrere gleichmäßig Auskerbungen. An einer Stelle ist ein Muster in den Stein eingemeißelt.

         

Für den Rückweg entscheide ich mich wieder für den Weg um die Steine herum. Der Andrang an Besuchern ist für einen Tag unter der Woche recht hoch. Schon um die Mittagszeit ist der Parkplatz zu drei Vierteln belegt. An Wochenenden ist der Andrang sicher noch größer.

Ich nehme einen kleinen Imbiss zu mir, verschenke mein Parkticket und fahre weiter.


Gagernstein bei Lützelbach

Bei einem zweiten Besuch im Odenwald suchen wir das Wildfrauhaus in Lützelbach. Es soll sich in Lützelbach zwischen Bensheim und Fischbachtal/ Groß-Bieberau befinden. Gleich mehrere Beschreibungen weisen darauf hin, es nicht mit Lützelbach bei Höchst im Odenwald zu verwechseln.

In Fischbachtal fragen wir nach dem Weg und werden zu einem Wanderparkplatz in der Nähe geschickt. Dort parken wir gleich neben einem Schild mit der Aufschrift "Erlebnispfad". Direkt beim Parkplatz liegt ein auffällig großer Stein, der durchaus das Zeug zum Schalenstein hat. 

kleines Felsenmeer und klingende Steine

Gleich gegenüber des Parkplatzes ist der ganze Hang mit großen und kleinen Steinen übersät. Es handelt sich um das sogenannte kleine Felsenmeer, das durch Wollsackverwitterung entstanden ist. Die dabei entstandenen runden Steine sind nach und nach den Berg hinuntergerollt. Als wir über die Steine laufen, hören wir darunter ein Bächlein gluckern. Egal, wo wir in die Zwischenräume schauen, wir bekommen den Bach nicht zu sehen. Er hält sich gut im Verborgenen.

         

Am unteren Ende des Felsenmeers stehen drei sogenannte "klingende Steine". Mittels Steinklöpeln ist es möglich, den drei dort aufgestellten Steinscheiben durch Klopfen Töne zu entlocken. Diese Steinmusik fasziniert uns sehr. Dieser Effekt wurde bestimmt schon in der Steinzeit benutzt, um Musik zu machen.

Gagernstein

Nachdem wir das kleine Felsenmeer ausgiebig bewundert haben, machen wir uns auf den Weg zum Gagernstein. Wir folgen einem breiten Wanderweg nach oben. An der nächsten Kreuzung halten wir uns links. Rechts des Weges sehen wir die erste hoch aufgetürmte Felsformation. Wir klettern hinauf. Oben, auf dem Bergkamm gibt es weitere interessante Steine zu entdecken. Wir steigen auch dort hinauf und genießen die Ruhe des Ortes.

         

Weiter oben sehen wir schließlich die Felsformation, die Gagernstein genannt wird. Der Felsen, der wie ein übergroßer Menhir wirkt, wurde nachträglich Friedrich von Gagern gewidmet. Das zugehörige Schild, das früher an einem Baum daneben befestigt war, prangt nun mitten am Stein.

Hinter dem großen Felsen häufen sich weitere Steine auf. Wir stellen fest, dass die Felsformation von jeder Seite anders aussieht. An einer Stelle gibt es einen Altarstein, von einer anderen Seite sind die Felsen sehr hoch und wieder woanders türmen sich die Steinbrocken kreuz und quer übereinander.

Direkt vor dem großen menhirförmigen Stein liegt ein mit Gras bewachsener Schalenstein. Obwohl er nicht mehr benutzt wird, ist er gut zu erkennen.

        

Auf der Rückseite finden wir einen markanten Stein mit einem senkrechten Schlitz. Gleich daneben liegt ein weiterer sehr ähnlicher Stein.

Ein Stück den Hang hoch finden wir die "Klinger-Hannam-Höhle". Es handelt sich um einen großen Felsüberhang, in dem sich kleinere und größere höhlenartige Vertiefungen befinden. In eine der Ecken können wir nur mit einer Taschenlampe kriechen.


Quellenkirche St. Cosmas und Damian in Neunkirchen

In einer Wanderbeschreibung lesen wir, dass es sich bei der Kirche St. Cosmas und Damian um eine Quellenkirche handelt. Der Name geht auf zwei Ärzte zurück, die mit dem Wasser der Quelle in Neunkirchen gute Heilerfolge erzielten. Wir stellen uns vor, dass die Kirche wie die Liebfrauenkirche in Werbach im Taubertal auf einer Heilquelle errichtet wurde. Da sie an unserem Heimweg liegt, halten wir dort an.

Am Tor der Kirche begrüßt uns das junge Grün eines stark zurückgeschnittenen Lindenbaum. Der alte Baum schlägt gerade jung und grün wieder aus. 

Das Kircheninnere wirkt sehr modern. Die Holzeinfassungen und Kirchenstühle sind in türkis gehalten. Die Farbgebung passt gut zu einer Quellenkirche. Wir schauen uns um die Kirche herum um und suchen nach der Quelle. Obwohl es unter der Kirche Katakomben gibt, können wir kein Wasser entdecken. Das einige, was wir finden, sind drei Wasserhähne.

Müde und hungrig kehren wir nach unserer vergeblichen Suche im Restaurant "Grüner Baum" ein, das sich ein Stückchen die Straße hinunter befindet. Im Restaurant entdecken wir einen Zeitungsartikel an der Wand. Es soll sich  um den besten Landgasthof im Rhein-Main-Gebiet handeln. Wir haben uns für ein Spargel- und ein Fischgericht entschieden und sind sehr gespannt. Das Essen schmeckt wirklich ausgezeichnet.

Wir fragen im Gasthaus nach, ob die Kirche auf einer heiligen Quelle erbaut wurde und erfahren, dass das Heilwasser aus einem Brunnen sprudelt, der sich 200 Meter die Dorfstraße hinunter befindet. Das Wasser wird in einen großen Teller geleitet und ergießt sich über dessen Rand. Wir nehmen eine Kostprobe. Das Wasser schmeckt uns so gut, dass wir gleich unsere Wasserflaschen für den nächsten Tag damit füllen. Es verwundert uns ein wenig, dass die Quelle so weit von der Kirche entfernt ist.

Später erfahren wir, dass bei einer Dorferneuerung das Wasser zu dem von uns besuchten Brunnen umgeleitet wurde. Es entspringt aber nahe der Kirche. Nach der Legende sollen die Menschen in frühen Zeiten von weit her zu dieser Quelle gekommen sind. Der alte Pilgerweg folgt der Wasserscheide hinunter ins Tal.

Daniela Parr