Region 6
Niederrhein, Eifel, Hunsrück, Pfalz und Saarland

Saarland: Drei Hinkelsteine
Blieskastel, Rentrisch, Walhausen
Daniela Parr



Die drei Hinkelsteine

Spellenstein in Rentrisch

Der erste Menhir, den ich im Saarland besuche, ist der Spellenstein in Rentrisch. Auf Fotos habe ich bereits gesehen, dass er mitten in einem Wohngebiet steht. Vor Ort bin ich trotzdem überrascht. Der Menhir steht im Vorgarten eines Hauses. Ein Straßenschild weist von der anderen Straßenseite her darauf hin. Dahinter überspannt die Brücke der L126 das Tal.

Laut den Angaben auf der Tafel vor dem Stein wurde er bereits in der Jungsteinzeit errichtet. Die Zeitspanne wird mit 4000-1800 vor unserer Zeit angegeben. Der Menhir wurde am Pfaffenkopf in Dudweiler aus dem Fels gebrochen und durch das Langental an seinen jetzigen Standort gebracht. Der Name des Menhirs leitet sich von "Spille" ab, was so viel wie "Spindel" bedeutet. Der Menhir hat die Form einer vierkantigen Spindel. Aus dem Wort "Spille" entstand im Laufe der Jahre die Bezeichnung "Spellenstein".

Die Maße des Steins werden  mit 6,55m Höhe angegeben, davon 1,5m unter der Erde. Sein Gewicht beträgt 15-20 Tonnen.

Es wird ein kultischer Zusammenhang mit dem 1,3km entfernten Stiefelfelsen vermutet, dessen Stiefelspitze genau in Richtung des Spellensteins zeigt.

Als ich weiterfahre, lasse ich es mir nicht nehmen, über die Brücke in Richtung "Universität des Saarlandes" zu fahren. Leider ist es verboten, die Brücke zu Fuß zu betreten. Ich hätte zu gerne von oben einen Blick auf den Menhir geworfen.


Gollenstein bei Blieskastel

Oben auf einem flachen Plateau, gleich hinter einem Wohngebiet, finde ich einen Wegweiser zum Gollenstein. Von dort aus sind es noch einmal 500 Meter zu Fuß, die mir an diesem heißen Tag sehr weit erscheinen. Nach der Kurve kann ich den Stein schon von weitem sehen. Er thront inmitten einer Wiese, die von einem Kornfeld eingerahmt wird.

Der Gollenstein besteht aus hellem Sandstein. Seine Höhle wird mit 6,58 Meter angegeben. Er ist somit der größte Menhir in Mitteleuropa und steht sogar im Guiness Buch der Rekorde. Seine Errichtung wird auf 3000 vor unserer Zeit datiert und fällt damit in den Übergang von der Jungsteinzeit zur Bronzezeit.

Am Gollenstein angekommen, suche ich erst einmal Schatten auf der Nordseite des Steins. Es ist angenehm, mich an den Stein anzulehnen und weiter nichts zu tun. Ich sitze im frisch gemähten Gras im schmalen Schatten, den der Stein am frühen Nachmittag wirft.

Als ich eine Zeitlang dort gesessen habe, kommen trotz der Hitze zwei junge Mädchen des Weges. Sie wundern sich genauso über mich im Schatten des Steines, wie ich mich über ihren Spaziergang bei dieser Hitze.

Bei genauerer Betrachtung entdecke ich mehrere Löcher im Stein. Eins davon macht den Eindruck, als ob einmal eine Marienfigur darin gestanden haben könnte. Es wurden oft Löcher in Menhire geschlagen, um sie durch das Aufstellen von Figuren zu verchristlichen. Das kleinere Loch darunter wirkt für mich wie ein ursprünglich zum Menhir gehörendes sogenanntes Nabelloch.

1939 wurde der Menhir umgelegt, da man Angst hatte, dass die französische Artillerie ihn sonst als Richtpunkt für einen Angriff nutzen könnte. Dabei zerbrach der Stein leider in vier Teile. Die abgesplitterten Teile wurden später durch Beton ersetzt.

Da der Stein an sehr exponierter Stelle auf dem Hochplateau aufgestellt wurde, wird vermutet, dass er Teil eines größeren Kultgebietes in der Umgebung war.

Der Name des Gollensteins wird abgeleitet vom lateinischen Wort "golus". Es handelt sich dabei um den Stab, bei dem beim Spinnen die Fasern gewunden werden. Der Stein wird somit wie der Spellenstein in Rentrisch als Spindel bezeichnet.



Hinkelstein von Walhausen


Über den Hinkelstein von Walhausen (bei Nohfelden) habe ich vor meiner Reise nur ein Foto der Ausgrabungen von 1984 gefunden. Umso überraschter bin ich, dass der Weg dorthin sehr gut ausgeschildert und fast bis auf den letzten Meter befahrbar ist. Ich hatte mit einer längeren Wanderung gerechnet.

Zum Hinkelstein führt eine kleine Brücke über ein Bächlein, das gerade kein Wasser führt. Der Stein sieht genau so aus, wie ich ihn vom Foto kenne, nur dass er zwischenzeitlich aufgerichtet wurde. Einem Schild entnehme ich, dass der frühere Standort weiter oben, in der Nähe der Quelle vermutet wird.

Bei der Betrachtung des Hinkelsteins fällt mir auf, dass er einen Schlitz aufweist, der quer zum Stein verläuft, als ob der Stein oben gespalten ist. Ich vermute, dass es sich um eine Rinne für Flüssigkeit handeln. In einem Ritual wird diese auf den Stein gegossen und kann in der Rinne herunterlaufen. Heute wächst Moos in dem Spalt.

Das Gewicht des Hinkelsteins wird mit 13 Tonnen angegeben. Er soll  5000-4000 vor unserer Zeit errichtet worden sein.

An der Quelle, die sich weiter hinten befindet, ist ein kleiner Brunnen angelegt. Auch hier sprudelt im Moment kein Wasser. Auf dem Stein hinter dem Brunnen steht geschrieben: "Hinkelborn, ein Hinkelstein will aufrecht sein, 1984". Dieser Stein wurde als Erinnerung an die Ausgrabung in den 80er Jahren aufgestellt.



Ausflugstipps


Völklinger Hütte


Die Völklinger Hütte ist ein ehemaliges Eisenwerk, das als erstes Industriedenkmal weltweit zum  UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde.

          

Pro Jahr besuchen ca. 300.000 Besucher die Industrieruine. Die Länge der Rundwege in der gigantischen Anlage misst mittlerweile 7 Kilometer. Schon allein der Rundgang durch die ehemalige Industrieanlage lohnt sich. Zudem finden in den Räumen des ehemaligen Eisenwerks übers Jahr viele sehenswerte Ausstellungen und Festivals statt.


Mitrasheiligtum bei Reichweiler


Besonders gespannt bin ich auf das Mithrasheiligtum bei Reichweiler, da ich gehört habe, dass der Mithraskult ein reiner Männerkult gewesen sein soll. Gleich neben dem Parkplatz prangt auf einem laminierten Zettel die Überschrift: "Für Frauen verboten - Der Mitrastempel bei Schwarzerden". Es wirkt, als würde dieser Satz heute noch gelten. Der laminierte Zettel wurde von einem unbekannten Schreiber dort aufgehängt, der verschiedene sich sogar teilweise widersprechende Thesen zu diesem Heiligtum zusammengefasst hat.

Ich befinde mich im Ortsteil Schwarzerden. Das Dorf gehört ganz knapp zum Saarland, während die dazugehörige Ortschaft Reichweiler in Rheinland-Pfalz liegt. Die Straße zum ehemaligen Mithrastempel ist nicht zu verfehlen, da sie den Namen Mithrasstraße trägt.

Der Mitraskult war ein Mysterienkult aus Kleinasien, der nur Männern offenstand. Soldaten brachten ihn aus der Gegend des Irans mit ins römische Reich. Seine Blütezeit hatte er im dritten Jahrhundert unserer Zeit. Als das Christentum zur römischen Staatsreligion wurde, verdrängte es den Mithraskult allerdings sehr schnell wieder.

Mit einer Kammer überbaut und hinter einem Gitter verschlossen liegt der Mithrasfelsen. Er ist das Überbleibsel der Rückwand des ehemaligen Mithrastempels: ein roter Sandsteinblock mit der Abbildung des Gottes Mithras auf einem Stier.

Über die damaligen Kulthandlungen existieren keine Aufzeichnungen, da sie, wie in einem Geheimbund üblich, nur mündlich überliefert wurden. Es wird vermutet, dass die Szene auf dem Stein die rituelle Tötung eines Stiers darstellen, wie sie im Mithraskult üblich gewesen sein soll.

Bei weitem interessanter finde ich die Information, dass ganz in der Nähe, auf dem 2000 Quadratmeter großen Areal "Am Birkenwäldchen" große Mengen bestens erhaltener Keramiken, Öllämpchen und Glasgefäße gefunden wurden: allesamt Grabbeigaben aus den Kammer-, Steinkisten- und Steinplattengräbern, die sich um Schwarzerden herum befinden. Dies belegt klar, dass die Gegend um Schwarzerden herum schon lange und durch alle Kulturen hindurch als Kultplatz genutzt wurde. Das widerspricht ganz klar der Aussage auf dem laminierten Schild, dass das Mithrasdenkmal zu den ältesten Kulturdenkmälern unserer Heimat zählt.

Direkt neben dem Mithrasheiligtum befindet sich wie bei vielen Kultanlagen üblich ein Teich. Der Name Schwarzerden weist schon darauf hin, dass es sich um einen Platz der Ahnenverehrung handelte. Stehenden Gewässer werden in vielen Kulturen als Sitz der Seelen der Verstorben betrachtet, aus dem sie wiedergeboren werden können.

Ich persönlich würde den Mitraskult als ein kurzes Intermezzo in der Geschichte dieser Gegend bezeichnen. Es wäre wünschenswert an diesem Ort weniger Aufregung um den "männerbündlerischen" Mithraskult zu verbreiten und mehr Informationen über die hier früher ansässigen Kulturen zu vermitteln, die noch die Urmutter als Große Göttin verehrten.


Grabstele Kirrberg

Ein weiterer Menhir im Saarland ist auf einem Keltengrab im Wald nahe Kirrberg zu finden. Er thront ganz oben auf dem Hügel des Grabes. Auf einem Sockel davor ist ein kleines Hinweisschild mit einer Beschreibung angebracht.

Auf einer Landkarte der Umgebung finde ich die Bezeichnungen Bärenzwinger, alte Mauern, Schloss Karlsberg und den stumpfen Gipfel. Das ehemalige Kultgebiet scheint sich nicht auf das Keltengrab zu beschränken.

Daniela Parr